Donnerstag, 28. April 2016

Schweizer Architektin erforscht haitianische Baukultur



Auszug aus dem Quartalsheft der Lebensmission e.V. 

 
Mein Name ist Maya Gunz, ich stehe mitten in meinem Leben und bin Schweizerin. Als passionierte Architektin liebe ich es zu bauen und zu reisen. Seit Mitte Januar unterstütze ich Habitat-HT hier vor Ort und entdecke die haitianische Baukultur. Zunächst machte ich mich an die Baubuchhaltung und arbeitete mich durch alte Abrechnungen. Es war spannend für mich zwischen Kreol, Französisch, Englisch und Deutsch zu übersetzen und so die verschiedenen Materialien auf den Einkaufslisten zu erlernen. Zum einen fiel mir auf, dass die Landeswährung haitianische Gourdes innerhalb der letzten 5 Jahre stark gefallen ist – ein klarer finanzieller Nachteil. Zum anderen wunderte ich mich darüber, wieso eine Latrine so (scheinbar) teuer ist, also rund 1200-1400USD, je nach Zugänglichkeit und Baugrund. Bei näherem Hinsehen entdeckt man Interessantes: Die LKW-Ladung Sand kostet rund 55 USD, eine LKW-Ladung Schotter 40 USD. Man bedenke, dass der Haitianer in der glühenden Hitze die Steine aus dem Berg schlägt und mit einfachsten Werkzeugen zerkleinert, danach mit Schaufeln auf den LKW schöpft und ein Fahrer dann das Material liefert. Den Tageslohn will ich mir gar nicht ausmalen. In Europa würde dies ein Vielfaches kosten. Diese Materialien sind so günstig, weil sie in Haiti abgebaut werden. Im Vergleich hierzu kostet eine 2cm dicke Multiplexplatte rund 12-15USD pro 1m². Also etwa in einem gleichen Preisrange wie eine vergleichbare Platte in einem Schweizer Baumarkt und enorm viel Geld in Haiti für ein wenig Holz, wenn man bedenkt was ein hiesiger Durchschnittslohn ist und viele Menschen hier mit weniger als 2USD im Tag auskommen müssen. Und doch ist es das geeignetste und nachhaltigste Material um z.B. die Eingangstüre zu einem neuen Heim herzustellen. Beim Zement stößt man auf ein weiteres Problem: Ein Sack kostet ca. 7.50USD und sollte rund 42.5kg enthalten. Doch es wird aus den Säcken bereits im Baumarkt herausgeklaut, so dass man nie wirklich weiß, wieviel man tatsächlich erhält und demnach mehr oder weniger Säcke braucht. Bei der Fertigung der Latrine selbst strebt Habitat-HT Qualität an. Es gibt eine sichere und nachhaltige Hang- und Grubenbefestigung, der Beton wird in einem anständigen Mischverhältnis angerührt und mit entsprechender Eisenverstärkung versehen. Die Zementsteine werden durch Verputz geschützt, um eine dauerhafte Hilfe zu gewährleisten. Das Volumen der Grube wird großzügig bemessen, da man weiß, dass alle Nachbarn ebenso diese Latrine mitbenutzen werden.  

Als Architektin bin ich damit vertraut die Bedürfnisse der Kunden zu erörtern und entsprechenden Wohnraum anzubieten. Statt Mehrfamilienhäuser mit vielen Wohnungen bauen wir hier in Haiti Einzimmerhäuser. Doch die Frage bleibt: „Was sind die Mindestbedürfnisse einer Familie in Haiti? Und was können wir als Habitat-HT anbieten?“ Ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis muss gefunden werden. Würde man die Bedürfnisse zu niedrig ansetzen, wäre der Sinn der „Hilfe“ verfehlt. Würde man den Bedarf „luxuriös“ ansetzen, wäre die Verwaltung der vorhandenen Ressourcen (Spenden) nicht verantwortbar. Wir möchten möglichst vielen Familien Hilfe anbieten, die dauerhaften Wert hat. Viele spannende Fragen. 

Was sind Grundbedürfnisse, die ein Menschengrundrecht sind? Der Mensch kann ohne Schlaf nicht leben. Sicheres Schlafen bedeutet für mich: trocken, abschließbar, geschützt, ein Ort an dem man zur Ruhe kommen kann. Seine Notdurft an einem sichtgeschützten, sicheren Ort tätigen zu können gehört für mich ebenso zu den Grundrechten eines jeden Erdenbürgers dazu. 

Nach all meinen Recherchen und dem Durchforsten der Abrechnungen komme ich zu der Klarheit, dass Habitat-HT sinnvoll auf die Grundbedürfnisse der haitianischen Familien eingeht, sehr nutzungsbezogen arbeitet, ohne Geld für rein ästhetische Belange zu verschwenden. 

So freue ich mich auf weitere spannende Aufgaben mit Habitat-HT und viele eindrückliche Erlebnisse in diesem schönen Land!



Rahel, Anthonide und Maya


Montag, 11. April 2016

Renovierung eines Toiletten und Duschhäusschens

Das uralte Toiletten und Duschhäusschen auf dem Kinderdorfgelände wird nun renoviert.
Früher war es das einzige Bad auf dem Hof und die Kids mussten nachts im Dunkeln über den Hof laufen um Pipi zu machen - da ging es doch öfters lieber ins Bett. Seit vielen Jahren wurde an die Kinderhäuser ein kleines Bad mit Toilette und Dusche angebaut, so dass dieser beängstigende Weg wegfiel.

Seit Längerem konnte das alte Sanitärhaus nicht mehr benutzt werden.
Nun wird es von Habitat-HT renoviert. Mitarbeiter werden es nutzen, sowie Besucher, die zu Seminaren usw. auf den Hof kommen. Eine große Erleicheterung, da diese sich zuvor meist hinter die Häuser verdrückt haben um dort ihre Notdurft zu erledigen oder in die Kinderhäuser gehen mussten.

Wieder ein Schritt weiter - es geht sichtbar voran auf dem Kinderdorfgelände.









Montag, 4. April 2016

interkulturelle Zusammenarbeit ganz praktisch: Rohre verlegen




Zusammenarbeit ganz praktisch bedeutet erstmal einen Flug buchen, Urlaub nehmen und sich der haitianischen Hitze aussetzen. Nach der Ankunft in Port-au-Prince wühlt man sich einen Weg durch das bunte Treiben der Marktfrauen auf der Straße, unzählige Passanten, zu viele klapprige Autos, Müllfeuerchen, untermalt von karibischer Musik. Herausfordernd.
Nach einer erholsamen Nacht im Kinderdorf tauscht man dann das vorhandene englische Vokabular aus, um sich darüber zu verständigen, welche Reparationen der Wasserinstallationen anstehen. Die deutschen Materialien sind hier nicht unbedingt erhältlich, so müssen manche Pläne angepasst werden, man geht gemeinsam einkaufen und vermisst einen gewohnten gut sortierten und ausgestatteten Baumarkt. Einstieg in den mühseligen haitianischen Alltag unserer technischen Mitarbeiter.

Rudolph Stein kam für 3 Wochen zu uns ins Kinderdorf. Zum Einen wollte er seine Patenkinder bzw. Patenmitarbeiter kennen lernen und die Arbeit endlich mal vor Ort besuchen. Als berufserfahrene Korifäe hatte er das Ziel unsere haitianischen Techniker zu unterstützen, Fachwissen auszutauschen und einen kompletten Lageplan des Kinderdorfes und des Wassersystems zu zeichnen.
Bei einem solchen Besuch kann man Einblick in die konkreten Bedürfnisse hier vor Ort gewinnen. Dass manches an unserem Wassersystem marode ist, wissen wir schon lange. Doch es mangelt an systematischer Beratung, finanziellen Möglichkeiten und jemandem, der sich dieser Baustelle im Speziellen annimmt.

Natürlich gehen 3 Wochen schnell vorüber. So braucht es immer wieder neu anpackende Hände, damit nach und nach etwas entsteht. Wir betrachten heute, was unsere verschiedenen Vorgänger gemeinsam aufgebaut haben: eine tolle Sache.


Wilby und Rudolph beim Rohre kleben

Rudolph beim Lageplan zeichnen

marodes Wassersystem